Interpersonen wieder ins Gedächtnis der Gesellschaft zurückzuholen, halte ich für einen wichtigen Schritt für die nichtbinäre Community, die inter*, trans* und alle umschließt, die sich keinem oder mehreren Geschlechtern zuordnen.
Wieso?
Nun, inter* lässt sich leichter erklären als trans* oder genderfluid. Menschen können mit medizinischen Fakten besser umgehen als mit – zugegeben – unzureichenden Bezeichnungen wie „gefühltes Geschlecht“ etc.
Tatsächlich haben trans* und inter* sehr wahrscheinlich die gleiche Ursache, doch um das als Erklärung heranziehen zu können, müssten die Menschen erst einmal wissen, was Interpersonen sind. Doch sie sind von den Farben des Regenbogens noch immer am wenigsten sichtbar. So etwa 80 % aller Menschen fragen mich, was das ist, wenn ich inter* erwähne.
Bevor die Medizin in den 1920ern anfing, mit Operationen die absolute Binarität zu erschaffen, war das durchaus mal anders. Die im „Belleflower“ erwähnten alten Dokumente, in denen von „Männer, Frauen und Hermaphroditen“ die Rede ist, zeigen, dass man sich davor bewusst war, dass es mehr als männlich und weiblich gibt.
In der westlichen Welt sind die meisten Interpersonen sogenannte XY-Frauen, Menschen, die nach außen weiblich aussehen, jedoch innere männliche Anlagen haben, also z. B. Samenstränge statt Eierstöcken und innenliegende Hoden. XY-Frauen auch deshalb, weil sich die „Intersexualität“ manchmal sogar auf die Gene erstreckt.
„Echte Hermaphroditen“ wie Belleflower sind selten – wenngleich es Gegenden gibt, in denen das anders ist. Dazu werden wir in Band 7 mehr erfahren, wenn die Belleflower-Geschichte eine Fortsetzung erhält. Belleflower wollte aber einer sein. So hat sich die Figur bei mir vorgestellt. ^^ Und da inter* viele Ausprägungen hat, habe ich sie so sein lassen, wie sie eben sein wollte.
Es ist mir nicht schwergefallen, Belleflower nachzuempfinden. Als „weibliche gelesene Person mit imaginärem Penis“ bin ich da nahe dran. Dennoch wollte ich natürlich auch ein paar Fakten einbringen. Das war schwierig, denn es gibt entweder Blödsinn oder fast nichts zu finden. Interpersonen wurden tatsächlich aus dem Gedächtnis der Gesellschaft gelöscht.
Es war mir unmöglich, erwachsene Interpersonen ohne Eingriff zu finden, um sie nach ein paar Erfahrungen zu fragen. Und es gibt bisher nur wenige Kinder, die von der neuen Gesetzgesetzgebung profitieren, dass nicht an ihnen herumoperiert werden darf. Verlässliche Zahlen konnte ich genauso wenig finden.
Deshalb ist mehr Forschung, mehr Aufklärung und mehr Sichtbarkeit sehr wichtig.
Übrigens: Da Nelson und Belleflower sich 1996 kennenlernen, als vieles in Bezug auf nichtbinäre Personen noch in den Kinderschuhen steckte, denkt Nelson sich eigene Pronomen für Belleflower aus, denn „xier“ und Ähnliches war zu der Zeit noch nicht so bekannt. So wird Belleflower dann ein „Ser“.
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