Leseprobe Gator Hill

Veröffentlicht am 12. September 2024 um 10:08

Wir haben den Moment ausgesucht, in dem aus einem friedlichen Urlaub ein Fall wird …

 

Einige Minuten später kam Gale auf die Terrasse und sah sich suchend um, steuerte dann auf sie zu. Als er die Frau erblickte, runzelte er die Stirn. „Du bist Daves Frau, oder?“

Daves Frau? James horchte auf.

Sie nickte. „Brianna. Ich … wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Aber ich dachte, hier würde er mich am wenigsten vermuten.“

„Wie meinst du das?“ Gale bediente sich selbst an den Gläsern und der Limonade und setzte sich neben Matt auf die Bank. „Bist du vor Dave geflohen?“

Brianna senkte den Blick, als schämte sie sich. „Ich denke schon lange darüber nach, wie ich von ihm wegkommen kann, aber ich weiß einfach nicht, wohin. Ich habe keine Familie und kein Geld. Bei meinen wenigen Freunden wird er mich zuerst suchen. Er weiß, wo das Frauenhaus in Charleston ist, obwohl die Adresse geheim sein sollte. Und dann würde er …“ Sie hob hilflos die Schultern.

„Ihr redet von Dave Gator, ja?“ James stand auf, um sich eine Zigarette anzuzünden.

Brianna nickte und wirkte sehr eingeschüchtert.

„Schlägt er dich?“, fragte Gale das, was auch James schon durch den Kopf gegangen war.

Sie seufzte. „Er möchte eine Tradwife. Ich dachte zunächst, es wäre … Ich habe mir das schön vorgestellt.“

„Was ist denn eine Tradwife?“, erkundigte Tanisha sich.

„Eine traditionelle Ehefrau“, erklärte Gale. „Ist gerade Trend unter jungen Frauen. Nur Hausfrau und Mutter sein, kochen, backen, putzen, der Mann als Gebieter und Ernährer.“ Er konnte wohl nicht verhindern, zynisch zu klingen.

„Ja“, sagte Brianna. „Es ist nur … Ich werde einfach nicht schwanger. Er gibt mir die Schuld daran und …“ Erneut senkte sie den Kopf. „Auch nörgelt er ständig an allem herum. Es ist egal, wie viel Mühe ich mir gebe, es ist nie gut genug. Ich kann nirgendwo allein hingehen, darf kein Telefon haben und den Computer nicht benutzen. Mit der Zeit ist mir klar geworden, dass ich seine Gefangene bin und es nicht so sein sollte. Aber … Als du bei der Gerichtsverhandlung von eurer Farm erzählt hast und ihm entgegengetreten bist … Ich dachte …“

Offenbar spontan legte Tanisha ihr einen Arm um die Schultern. „Hier bist du sicher. Und du musst dich nicht schämen. Niemand hat das Recht, über dich zu bestimmen, erst recht nicht, dich zu schlagen und zu vergewaltigen!“

James schüttelte den Kopf. Er war irritiert darüber, dass es anscheinend wieder in zu sein schien, sich einem Mann unterzuordnen.

Und wofür haben dann die anderen Frauen gekämpft?

„Ich dachte, die Frauen wären froh, endlich unter der Fuchtel des Mannes weggekommen zu sein“, sagte er und nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. Dann sah er zu Gale. „Kann sie nicht hierbleiben?“

„Natürlich bleibt sie hier“, antwortete Tanisha an Gales Stelle und drückte Brianna an sich. „Du kannst erst mal bei mir wohnen. Ich habe ein Zimmer, das ich nicht brauche. Und dann sehen wir weiter.“

Brianna wirkte erleichtert und ein wenig getröstet. „Ich wollte dich auch warnen“, sagte sie zu Gale. „Nicht wegen der Farm, aber Dave und seine Gruppe planen, den Senat von South Carolina zu stürmen!“

„Du meinst, während der Präsidentschaftswahl?“ Gale klang alarmiert, und auch James zuckte zusammen. „Ähnlich wie bei der Sache mit dem Kapitol?“

„Ja. Sie haben sich einen Bauplan des Gebäudes besorgt, tragen Waffen zusammen und üben die Erstürmung.“ Sie machte ein verzweifeltes Gesicht. „Das ist doch nicht richtig! Ich … ich bin sicher nicht sehr schlau und … aber das ist nicht richtig.“ Sie schüttelte den Kopf und sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.

 

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