Let's Talk About: US-Wahl

Veröffentlicht am 26. Februar 2025 um 10:08

Natürlich spielt die Präsidentschaftswahl eine Rolle in diesem Band, da sie genau in dem Zeitrahmen stattgefunden hat, und schließlich ist es sogenannte „politische Belletristik“. Für die Bewohner von Wild Indigo ist der Ausgang der Wahl der denkbar schlechteste. Nun ja, für die gesamte Welt ist es der denkbar schlechteste.

 

Obwohl ich bekennender Grünen-Wähler bin, war ich nie wirklich links oder gar überzeugter Anhänger der Grünen. Ich würde mich eher als „liberal“ (nicht im Sinne der FDP, sondern im eigentlichen Wortsinn) und „mittig“ verorten und wähle schlicht Leute, die nicht planen, mich umzubringen. (Als schwule inter-trans-Person sollte man so was im Auge haben.)

Heute ist aber jeder, der liberal ist, für die „Gegenseite“ bereits „links-grün-versifft“.

Ich gehöre nicht zu denen, die davon sprechen, „früher“ sei alles besser gewesen, denn das stimmt nicht. Jede Zeit hatte ihre Herausforderungen, gute und schlechte Seiten. Trotzdem hatten wir zuletzt eine längere liberale Phase, in der es möglich war, mit den meisten Menschen faktenbasiert zu diskutieren. Und das war tatsächlich besser, und das hat sich wirklich geändert.

Es ist ein riesiges Problem. Denn was macht man als jemand, der es gewohnt ist, (friedlich) faktenbasiert zu diskutieren, wenn sich da ein völlig durchgeknallter Typ hinstellt und sagt, es sei eine coole Idee, wenn Kanada und Grönland zu den USA gehören würden?

Es werden gern Vergleiche mit der Weimarer Republik gezogen, wenn es um die Gefahren des weltweiten und nationalen Rechtsrucks geht. Doch ich finde nicht, dass sich diese Zeiten wirklich vergleichen lassen.

Es gab eine andere Entwicklung hin zu den Freiheiten der Weimarer Republik, und vieles, was dort an liberalen Ideen angestoßen wurde, versandete bald wieder, weil diese Zeit viel kürzer war als das, was sich in „unserer“ Zeit ab den 1960er Jahren entwickelt hat.

Somit ist das, was wir jetzt erleben, viel erschreckender. Wie können sich so viele Menschen, die über zwei und mehr Generationen hinweg in einer liberalen Zeit aufgewachsen sind, so rückständig, unreflektiert, schlecht informiert oder schlicht dumm sein, um sich von rechtsradikalem Gedankengut angesprochen zu fühlen und mitreißen zu lassen?

Die sogenannte 68er Revolution hatte eine ungeheure Wirkung auf die westliche Gesellschaft. Erstmals konnten Frauenrechte, Rechte für LGBTIQ*, Minderheiten, Tiere, Natur … nicht nur angestoßen, sondern auch erkämpft und durchgesetzt werden.

Die jüngeren Generationen sind bereits mit diesen veränderten Vorzeichen aufgewachsen, und trotzdem wünschen sich gerade viele aus diesen Jahrgängen einen Rückfall in traditionelle Familienbilder, geschlossene Grenzen und endlosem Konsum ohne Gedanken an die Konsequenzen.

Und diejenigen, die die Kämpfe und Diskussionen miterlebt haben, sitzen da und verstehen es nicht.

Das ist das, was tatsächlich Angst macht. Was sollen wir dem entgegensetzen? Und vor allem wie? Unsere „Waffen“ sind friedliche Demonstrationen, freie Wahlen und faktenbasierte Diskussionen. Wir schreien nicht zurück, wenn da jemand steht und brüllt: „Ihr blöden links-grün versifften Gutmenschen, ich sag doch nur meine Meinung!“ Wir könnten erklären, dass schwachsinnige Behauptungen nichts mit „Meinung“ zu tun haben, aber dazu müsste man ja eine faktenbasierte Diskussion anfangen – die mit solchen Menschen aber schon im Ansatz nicht möglich ist.

Denn es wird gebrüllt. Begriffe wie „(Quer)Denken“ und „Meinung“ wurden gekapert und entartet. Das Demonstrationsrecht wird ebenso missbraucht wie die freie Wahl, sogar Symbole des Widerstands. Der Respekt vor Menschen, die dem Gemeinwohl dienen – Rettungssanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten … –, wird ins Lächerliche gezogen. Es wird verallgemeinert und unwissenschaftlich „argumentiert“. Manche Neuerungen werden von Beginn an in eine Richtung gezerrt, dass selbst Leute genervt davon sind, die dem Thema vielleicht aufgeschlossen gegenüberstünden, wenn nicht sogleich falsche Behauptungen darüber aufgestellt worden wären.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Genderstern. Die Idee dahinter – ein Zeichen einzuführen, das auch Menschen einbezieht, die weder männlich noch weiblich oder beides sind – wurde schon lächerlich gemacht, noch ehe sich herumgesprochen hatte, worum es überhaupt geht. Es wurde eine „Genderideologie“ erfunden, angebliche „Umerziehungspläne“ (der Grünen) usw.

Die Gräben werden immer tiefer, die Gruppen innerhalb der Gesellschaft driften auseinander. Aber nur nicht das erfüllt mich mit Sorge, sondern vor allem, dass die liberale Gruppe im Nachteil ist, eben weil sie nicht schreit, zu den Waffen greift und bei einer Wahlniederlage ihres Kandidaten das Parlament stürmt. Nein, sie stellen sich maximal vor ein Gebäude, in dem eine rechtsradikale Partei einen Parteitag abhalten will. Darüber lacht die aber leider nur oder dreht den Spieß um und bezeichnet diese friedlichen Demonstranten als „radikale Störer“.

 

Was hat das alles mit der US-Wahl zu tun?

Zwar ist die amerikanische Kultur etwas anders als unsere, sie hat aber das gleiche Problem. Wir haben vielleicht keinen wahnsinnigen Clown und keinen größenwahnsinnigen Milliardär, der den Clown samt Land einfach kauft, aber die Ideen, die dieses Duo umsetzt, stammt aus den gleichen Untiefen.

Und was hat das mit Band 15 zu tun?

Nun, all diese Themen kommen darin vor.

Dass meine Protagonisten im Wald wohnen und ihr eigenes Ding machen, ist zwar schön, es ist aber auch Ausdruck ihrer Ohnmacht einer Gesellschaft gegenüber, an der sie keinen Anteil haben, und einer Entwicklung, der sie mit ihren friedlichen Mitteln nichts entgegenzusetzen haben.

Wir können nur hoffen, dass wir „Liberalen“ es schaffen, eine halbwegs intakte Gesellschaft erhalten können.

 

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